Tolle Knollen - Kartoffeln
Viele tragen Frauennamen wie die festkochende Sieglinde aus dem Jahr 1935 oder die jüngere Linda, Geburtsjahr 1975, eine der bekanntesten deutschen Kartoffelsorten. Die Kartoffel kam - wie viele andre Gemüsesorten auch - mit den Entdeckungsreisenden im 16. Jahrhundert von Südamerika nach Europa und wurde zunächst als Zierpflanze in den Adelsgärten gezogen.
Die unglücklich endende französische Königin Marie Antoinette soll sogar des Öfteren einen Haarkranz aus den zarten Blüten getragen haben. Es dauerte lange, bis man ihre nahrhaften Werte erkannte und sie schließlich zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel wurde. Kartoffelsorten gibt es unendlich viele und immer wieder kommen Neuzüchtungen hinzu, dafür werden andere vom Markt genommen. Eine Grobeinteilung gibt es: Mehlig, beliebt vor allem in Regionen mit Knödeltradition, oder festkochend, eher für Bratkartoffeln und Salat geeignet. Dafür empfehlen die historischen Gartenbuchautoren Christ/Lucas vor allem „die im Neckartal allgemein bekannte „Mäusleskartoffel“. Manche Ältere kennen noch den Begriff für eine fingerförmige Kartoffel, die zum Rädeln besonders geeignet war. Andere meinen, dass es sich dabei um aussortierte kleine längliche Kartöffelchen handelte, die man nicht umkommen lassen wollte. Jüngere Internetempfehlungen verstehen darunter, in Mäuseform geschnitzte Kartoffeln für Kindergeburtstage. Wie auch immer, vielleicht ist das ja ein anderer Begriff für eine der alten Sorten.
Um 1850 kamen zwei Kartoffelsorten auf, die sich sehr ähnlich sind. Die „Bamberger Hörnchen“, im fränkischen Dialekt auch „Hörnla“ genannt, ein Liebhaberprodukt. Sie sind mit ihrer dünnen Haut empfindlich, brauchen viel Pflege, die Erträge sind niedrig und mit ihrer länglichen Fingerform verweigern sie sich jeder maschinellen Bearbeitung sowohl beim Pflanzen wie auch beim Ernten. Aber mit dem leicht nussigen Geschmack haben sie viele Fans und konnten sich in Hofläden und auf Wochenmärkten halten.
Aus ähnlichen Gründen wird das „Rosa Tannenzäpfle“ heute meist nur noch auf Museumsäckern angebaut. Die lange, fingerdicke Kartoffel mit dem gelblichen Fleisch ist leicht speckig und saugt deshalb das Fett nicht so auf. Deshalb ist sie ideal für Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat.
Von dem „Badenser Blauhörnchen“ wird vermutet, dass sie ursprünglich aus dem Badischen stammt. Sie wird fingerlang mit blauer Schale und bläulichgelben Fleisch, ist festkochend und kaum zu bekommen. Eine andere Rarität ist die alte schwäbische Sorte „Augsburger Gold“. Sie ist rundlich, mit rauer Schale und hellgelben Fleisch. Leicht mehlig eignet sie sich gut für Suppen, Püree und Schupfnudeln. Sie war bereits so gut wie ausgestorben als Enthusiasten sie in der Gendatenbank entdeckten und nachzogen. Seit 2012 ist sie wieder in geringen Mengen erhältlich.
Text: Felicitas Wehnert, Fotos: Manfred Schäffler
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